Beispiele alternativer Finanzierungsmöglichkeiten und inhaltlicher Weiterentwicklung
Peter Schay
(VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, 305 Seiten, € 49,99, Paperback ISBN-10 3- 531-14539-8, eBook ISBN 978-3-531-90079-7)
An Beispielen zur inhaltlichen Weiterentwicklung zeigt „Innovationen in der Drogenhilfe” auf, in welches System die Arbeitsansätze in der Drogenhilfe eingebettet werden müssen, um den sich stetig verändernden Anforderungen der Klientel und der Leistungsträger gerecht werden zu können und wie die Drogenhilfe aktiv und aus sich heraus notwendige Veränderungen angehen und finanziell / inhaltlich absichern kann. Die Autoren gehen damit über tradierte Sichtweisen deutlich hinaus. Die Texte widmen sich sowohl den theoretischen Hintergründen als auch praktischen Handlungsmöglichkeiten u.a. an den Beispielen alternativer Finanzierungsmöglichkeiten der Psychosozialen Betreuung (PSB) für substituierte Drogenabhängige als auch notwendiger Öffnung der Drogenhilfe für drogenkonsumierende Jugendliche und Menschen mit Essstörungen.
Am Beispiel der Leistungsangebote (Einrichtungen) im Therapieverbund Herne wird aufgezeigt, dass Suchtherapie nur eine optimale, nachhaltige Qualität gewinnen kann, wenn sie im Rahmen vernetzter Strukturen als Hilfen, Unterstützung, Förderung, Entwicklungsarbeit über angemessene Zeitstrecken durchgeführt wird, in Verbundsystemen, durchgeführt wird.
Das Ziel der Betreuung und Behandlung ist, dem Drogenabhängigen menschenwürdige gesundheitliche und soziale Lebensbedingungen zu ermöglichen und – soweit möglich – eine berufliche wie auch eine soziale (Re-) Integration zu erreichen. Unverändert müssen jedoch häufig als Folge des ständig zunehmenden Finanzierungsdrucks durch die jeweiligen Leistungsträger, zu begrüßende Betreuungs- und Behandlungsansätze reglementiert werden, was in der Praxis die Erreichung der formulierten Ziele erschwert oder diese unmöglich macht. Folge: Kein Arbeitsfeld wird von Politik und Leistungsträgern so kritisch betrachtet und immer wieder hinterfragt wie die Drogenhilfe.
Dabei ist ausdrücklich festzustellen, dass auch eine ausschließlich medizinische Behandlung nicht ausreicht, um aus der Sucht auszusteigen. So macht z.B. die Ärztekammer Westfalen-Lippe immer wieder deutlich, dass es bei der Betreuung und Behandlung Drogenabhäniger (hier: Substitutionsbehandlung) keine Alternative zur Zusammenarbeit in einem multiprofessionellen Team gebe. „Die Substitutionstherapie mit Methadon folgt dem Grundgedanken der Partnerschaftlichkeit unter allen professionell Beteiligten. Es lohnt sich deshalb, Arbeitsformen zu installieren, die diese Zusammenarbeit weiter verdichten“ (Flenker 1997).
Das Gesundheitsversorgungssystem ist insgesamt nur unzulänglich auf die Betroffenengruppe der Drogenabhängigen eingestellt. Umfassende Behandlungskonzepte fehlen auch heute noch weitgehend.
Auch wenn die Einrichtungen ihre Angebotsstruktur in den 90er Jahren weiterentwickelt und ausgebaut haben, muss unverändert davon ausgegangen werden, dass hier noch erhebliche Potentiale liegen.
Das Faktum der Nichterreichbarkeit und einer fehlenden systematischen Langzeitbegleitung von konsumierenden und/oder abhängigen Menschen, die erreicht werden könnten, wiegt schwer und führt zu Problemclustern, auf die andere, neue Antworten gefunden werden müssen, als die der praktizierten und vielfach unverändert „traditionellen“ Betreuungs-/Behandlungswege, ohne dass diese deshalb in ihrem Wert und ihrer Bedeutung für die für sie geeigneten Zielgruppen geringgeschätzt werden dürften.
„Innovationen der Drogenhilfe“ zeigt Möglichkeiten auf, wie eine an den Lebensverhältnissen und Bedarfen von konsumierenden und abhängigen Menschen ausgerichtetes Hilfe- und Leistungssystem der Drogenhilfe auf der Basis fachlicher Notwendigkeiten und wissenschaftlicher Erkenntnisse gestaltet werden kann. „Innovationen der Drogenhilfe“ will auch zu einer kritischen und – soweit nötig – kontroversen Reflexion und Diskussion einladen.
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